Genetische/Invasive Diagnostik

Genetische Beratung und Analysen

Die humangenetische Beratung wird in Zusammenarbeit mit mehreren Fachkollegen durchgeführt.

Etwa 3-4% aller Kinder werden mit einer genetisch bedingten Krankheit, einer Fehlbildung oder einer Behinderung geboren. Ein klassischer Fall für eine genetische Beratung wäre zum Beispiel, wenn es in Ihrer Familie Personen mit einer bestimmten Fehlbildung oder einer möglicherweise erblich bedingten Erkrankung gibt; oder Sie haben bereits ein Kind mit einer bestimmten angeborenen Erkrankung und möchten jetzt wissen, wie groß das Risiko ist, dass Sie ein weiteres betroffenes Kind zur Welt bringen. Durch die Beratung werden Sie über Erkrankungsrisiken und -verläufe sowie über diagnostische Möglichkeiten informiert. Es wird ihnen geholfen, eine individuelle Entscheidung in einer konkreten Situation treffen zu können u. a. auch im Hinblick auf die Familienplanung. Das Beratungsgespräch dauert in der Regel zwischen einer halben und einer Stunde.

Was sind Erbkrankheiten?

Derzeit sind über 7000 genetisch bedingte Erkrankungen bekannt, von denen ca.1000 durch eine genetische Diagnostik erkannt werden können. Diese Zahl wird in der Zukunft noch höher liegen.

Die Ursache einer erblich bedingten Störung liegt in der Veränderung des Erbgutes (der DNA). Dies kann einzelne Gene treffen (Genmutation) oder ganze Chromosomen (Chromosomenstörung). Der Hinweis auf eine Erbkrankheit ergibt sich, wenn mehrere Mitglieder einer Familie in derselben oder unterschiedlichen Generationen an der gleichen Störung erkrankt sind. Daneben können Erbkrankheiten aber auch erstmals durch plötzliche Veränderung des Erbgutes (Spontanmutation).

Eine genetische Beratung ist in folgenden Situationen empfehlenswert:

  • bei erhöhtem mütterlichen oder väterlichen Alter
  • vor invasiver Diagnostik (Fruchtwasseruntersuchung, Chorionzottenbiopsie, Fetalblutentnahme)
  • nach Medikamenteneinnahme oder Strahlenbelastung während der Schwangerschaft
  • bei wiederholten Fehlgeburten
  • bei Verwandtenehen
  • bei Auffälligkeiten im Ultraschall
  • bei auffälligen Suchtests (Frühscreening, Triple-Test)
  • bei bestimmten mütterlichen Erkrankungen (z.B. Epilepsie)
  • bei Verdacht auf eine genetische Erkrankung bei einem Familienmitglied zur Klärung des Wiederholungsrisikos
  • wenn allgemeine Fragen zur vorgeburtlichen Diagnostik bestehen
  • wenn eine künstliche Befruchtung geplant ist

Die Kosten der humangenetischen Beratung werden von den gesetzlichen Krankenkassen und den privaten Krankenversicherungen übernommen. Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen müssen eine überweisung mitbringen.

Bei der Beratung kann sich auch die Notwendigkeit z.B. einer Blutuntersuchung des Partners ergeben.

Nackenfaltenmessung

Bei der Nackentransparenzmessung wird per Ultraschall eine Flüssigkeit unter der Nackenhaut des ungeborenen Kindes gemessen – und zwar zwischen der 11. und 14. Woche der Schwangerschaft. Die Nackenfalte bei Babys mit Trisomie 21 (Down-Syndrom) zeigt sich häufig größer. Eine normale Nackenfalte belegt nicht zwangsweise, dass kein Down Syndrom vorliegt!

Die Nackentransparenzmessung kann aber Hinweise geben, ob Ihr Kind möglicherweise an einer genetischen Erkrankung wie Trisomie 21 oder Trisomie 18 leidet. Dieser Screening Test kann nur schätzen, wie hoch das Risiko für Trisomie 21 ist.

Kombiniert wird diese Messung mit der Blutabnahme (PAPP-A und ß-HCG). Damit kann die Trefferwahrscheinlichkeit bis zu 94 % erhöht werden.

Eine genaue Aussage zur Trisomie 21 kann aber nur zum Beispiel die Chorionzottenbiopsie (CVS) oder die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) liefern.Man weiß also auch nach der Nackentransparenzmessung nicht hundertprozentig, ob Ihr Baby an Trisomie 21 leiden wird oder nicht. Aber diese Methode kann Ihnen bei der Entscheidung helfen, ob Sie später noch einen zusätzlichen diagnostischen Test wie z.B. eine Fruchtwasseruntersuchung machen sollen.

Nach der 14.SSW bildet sich die Lymphflüssigkeit bei allen Babys wieder zurück. Diese Untersuchung hat weder für Ihr Kind noch für Sie ein erhöhtes Risiko.

APF-Screening

Bestimmung von Alpha-1-Feto-Protein ( AFP ) zum Screening auf Missbildungen des zentralen Nervensystem des Feten

Ein wiederholt erhöhter AFP-Wert kann auf einen Neuralrohrdefket (offener Rücken) des Feten hindeuten. Ursachen erhöhter AFP-Werte, ohne dass ein Neuralrohrdefekt vorliegt sind in etwa 30% der Fälle durch die unrichtige Einschätzung des Schwangerschaftsalters bedingt.
Das AFP-Screening wird auf Wunsch der werdenden Mutter in der 16.-21. SSW durchgeführt wenn eine Fruchtwasseruntersuchung nicht in Frage kommt.

Neuralrohrdefekte mit einer Inzidenz in Mitteleuropa von 1-2 je 1.000 Neugeborene sind die häufigsten Missbildungen des ZNS. AFP wird vom Feten im Dottersack und zunehmend in der fetalen Leber gebildet. Von dort gelangt es in das Blut, den Liquor und die Galle, und wird mit dem Urin in das Fruchtwasser abgegeben. Ins mütterliche Blut gelangt das AFP transamnial aus dem Fruchtwasser.

AFP steigt in der gesunden Schwangerschaft von der SSW 10-32 kontinuierlich an und fällt bis zur Geburt auf das Niveau der SSW 24 ab. Im Fruchtwasser zeigt AFP in der SSW 16-22 einen kontinuierlichen Abfall.

Während gedeckte Missbildungen keine AFP-Erhöhung bewirken, führen andere schwerwiegende fetale Missbildungen mit freiliegenden großen serösen Flächen (z.B. omphalocele, kongenitale Nephrose, Atresien des Magen-Darm-Trakts) ebenfalls zur AFP-Erhöhung in Fruchtwasser und Serum.
Für das Screening auf offene Neuralrohrdefekte wird die Bestimmung des AFP`s im mütterlichen Serum in der 16-20. SSW empfohlen.

Triple-Test

Der Triple-Test ist eine Untersuchung des Blutes der werdenden Mutter. Er wird zwischen der 16.-17. Schwangerschaftswoche durchgeführt und beinhaltet die Bestimmung von 3 Hormonen.

  • alpha-Fetoprotein (AFP)
  • freies Estriol (E3)
  • beta-Choriongonadotropin (beta-HCG)

Der Sinn des Triple-Tests besteht darin, eine Risikoabschätzung vorzunehmen und damit eine Entscheidungshilfe zu geben, wenn man sich nicht sicher ist, ob eine Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) durchführt werden soll. Aus den gemessenen Werten kann bei genauer Kenntnis des Schwangerschaftsalters errechnet werden, ob ein erhötes Risiko besteht, dass das ungeborene Kind an einem Down-Syndrom (Trisomie 21, „Mongolismus“) oder an einer Spina bifida („offener Rücken“) leidet.

Chorionzottenbiopsie

Die Chorionzottenbiopsie (häufig auch der Abkürzung des englischen Begriffes chorionic villous sampling = „CVS“ genannt) ist die früheste Möglichkeit der invasiven Diagnostik. Sie wird normalerweise wie die Nackenfaltenmessung zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Zu dieser Zeit ist z.B. eine Fruchtwasseruntersuchung in aller Regel noch nicht möglich. Daher wird die CVS immer dann empfohlen, wenn eine frühe oder schnelle Diagnostik erfolgen soll, zum Beispiel bei:

  • auffälligem Ultraschallbefund im ersten Drittel der Schwangerschaft
  • bekannten familiären Erkrankungen, die mit der invasiven Diagnostik erkannt werden können
  • dem Wunsch der Mutter nach einer frühest möglichen Diagnostik z.B. bei Altersindikation
  • erhöhtem Risiko im Frühscreening

Die aus dem Mutterkuchen (Plazenta) gewonnenen kindlichen Zellen werden in einer Kultur angezüchtet. Da die Chorionzotten eine große Anzahl an Zellen in der Teilungsphase enthalten (nur in dieser Phase sind die Chromosomen im Lichtmikroskop erkennbar) wird ein Teil des Gewebes ca. 24 Stunden kultiviert und anschließend zur mikroskopischen Untersuchung aufgearbeitet.

Dadurch können die Chromosomen sofort untersucht werden, so dass ein erster Befund bereits nach 1-2 Tagen vorliegt (Kurzzeitbefund). Dieser Befund ist in den meisten Fällen bereits aussagekräftig. Feine Strukturanomalien oder sog. Mosaike (gleichzeitiges Vorhandensein von gesunden und kranken Zellen in einem Organismus) können jedoch noch nicht sicher erkannt oder ausgeschlossen werden.

Hierzu dient die nach ca. einer Woche vorliegende Langzeitkultur, die dann die größtmögliche Aussagekraft bietet.

Da bei der Chorionzottenbiopsie kein Fruchtwasser zur Bestimmung des Alpha-Feto-Proteins (AFP) zum Nachweis von offenen Spaltbildungen der Wirbelsäule und des Schädels entnommen werden kann, sollte in der 16. bis 18. Schwangerschaftswoche eine AFP-Bestimmung aus dem Blut der Mutter und/ oder eine Ultraschalluntersuchung in der 20.- 22. Schwangerschaftswoche erfolgen, um derartige Defekte weitestgehend auszuschließen.

Ablauf einer Chorionzottenbiopsie

Zunächst werden Sie im Rahmen eines Beratungsgespräches ausführlich über die Durchführung, Aussagekraft, Grenzen und Risiken der geplanten Untersuchung aufgeklärt.

Nach einer ausführlichen Ultraschalluntersuchung des ungeborenen Kindes wird die Lage des Mutterkuchens und die Form der Gebärmutter beurteilt. Danach wird die günstigste Einstichstelle festgelegt, die in aller Regel innerhalb der im Bild dargestellten Region liegt:

Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese)

Wohl kaum eine Untersuchung im Bereich der vorgeburtlichen Diagnostik ist so von übertreibungen, Halbwahrheiten und selbsternannten Fachleuten verzerrt worden wie die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese). Auch bei der Suche im Internet trifft man immer wieder auf Komplikationsraten von 2% bis 4%. Viele werdende Eltern glauben, dass das Risiko einer Verletzung des Kindes durch die Nadel eines der größten Risiken der Fruchtwasseruntersuchung darstellt. Mit einer sachlichen und fundierten Information über die Amniozentese können aber viele Fragen und sicherlich auch ängste der werdenden Eltern abgebaut werden.

Allerdings gilt auch hier, dass jede Darstellung im Internet niemals ein persönliches Beratungsgespräch z.B. im Rahmen einer humangenetischen Beratung ersetzen kann.

üblicherweise wird die Fruchtwasserentnahme zwischen der 14. und 19. Schwangerschaftswoche durchgeführt, um Störungen der Chromosomen zu erkennen. Hierzu werden die im Fruchtwasser schwimmenden kindlichen Zellen entnommen und in einer Kultur angezüchtet. Nach ca. 8 – 12 Tagen kann dann in der Regel der Chromosomensatz des ungeborenen Kindes ermittelt werden.

Bei der Chromosomenanalyse wird zum einen auf zahlenmäßige Chromosomenstörungen (die bekannteste ist hierbei das Down-Syndrom = Trisomie 21, früher auch Mongolismus genannt) geachtet sowie auf im Lichtmikroskop erkennbare Veränderungen der Chromosomenstruktur. Feinere strukturelle Fehler sind dagegen in der Regel nicht zu erkennen und werden nur bei Verdacht mit speziellen Markern untersucht.

Weiterhin wird im Fruchtwasser die Konzentration des Alpha-Feto-Proteins (AFP) gemessen, wodurch Hinweise auf das Vorliegen von Spaltbildungen im Bereich der Wirbelsäule (Spina bifida = „offener Rücken“) oder der Bauchwand gewonnen werden können.

In besonderen Fällen oder auf Wunsch kann ein zusätzlicher Schnelltest (FISH) angeboten werden, der die drei häufigsten Chromosomenstörungen bereits nach 24 Stunden sehr sicher ausschließen kann.

Eine Fruchtwasseruntersuchung kann auch zur Diagnostik bei anderen Erkrankungen (z.B. Infektionen, vererbbare Stoffwechselstörungen, in der Familie bekannte Erbkrankheiten, Blutgruppenunverträglichkeit) erforderlich sein.

Ein normaler Chromosomensatz schließt viele Fehlbildungen und Erkrankungen des Ungeborenen, z.B. Herzfehler, Extremitätenfehlbildungen, Spaltbildungen im Gesicht sowie viele geistige Behinderungen nicht aus, da diese oft nicht mit erkennbaren Abweichungen im Chromosomensatz verbunden sind. Die Mehrzahl dieser Erkrankungen können aber durch eine hochauflösende Ultraschalluntersuchung (optimaler Zeitpunkt 20.-22. Schwangerschaftswoche) erkannt werden.

Ablauf:

Zunächst werden Sie im Rahmen eines Beratungsgespräches ausführlich über die Durchführung, Aussagekraft, Grenzen und Risiken der geplanten Untersuchung aufgeklärt.

Nach einer ausführlichen Ultraschalluntersuchung des ungeborenen Kindes wird die Lage des Kindes und die Größe und Ausdehnung der Fruchtblase beurteilt. Danach wird die günstigste Einstichstelle festgelegt, die in aller Regel innerhalb der im Bild dargestellten Region liegt:

Invasive Diagnostik

Eine invasive pränatale Diagnostik durch Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie kann in folgenden Fällen erforderlich sein:

  • bei erhöhtem Alter der Mutter (35 Jahre oder älter)
  • wenn in ihrer Familie Erbkrankheiten bekannt sind
  • wenn bereits ein Kind mit einer Erbkrankheit geboren wurde bzw. bei vorausgegangenen Aborten mit chromosomalen Defekten
  • wenn bei einem der Elternteile eine Störung der Erbanlagen bekannt ist
  • bei auffälligen Ultraschallbefunden
  • auf Wunsch bei drohender psychischer Belastung